Selten hat mich ein Wort so gepackt wie dieses: Zeitwohlstand.
Wenn ich mich umschaue, scheint eher das Gegenteil an der Tagesordnung zu sein:
Gefühlte Zeitnot.
Das Empfinden, keine Zeit zu haben, ist weit verbreitet.
Wir sind gestresst.
Wir hetzen von Aufgabe zu Aufgabe,
Trotzdem sind noch so viele To Dos offen.
Wir versuchen möglichst viel in unserer Zeit zu schaffen, doch diese Zeit fühlt sich immer als „zu wenig“ an.
Zeitwohlstand
Uns allen steht die gleiche Zeit zur Verfügung … solange wir Leben.
Jeden Tag 24 Stunden, 1440 Minuten.
Zeit ist gerecht verteilt.
Doch warum sprechen wir dann von Zeitwohlstand, wenn wir Zeit im Grunde gar nicht „sparen“ oder „vermehren“ können?
Zeitwohlstand ist mit dem individuellen Erleben von Zeit verbunden und umfasst mehrere Dimensionen (Quelle: Wikipedia):
- Die „eigene“ Zeit, die mir zur Verfügung steht im Sinne von Freizeit, Urlaub und Muße.
- Die selbstbestimmte Zeit, in der ich selbst darüber entscheiden kann, wie ich meine Zeit einteile im Sinne von Zeitsouveränität.
- Die subjektive Qualität der erlebten Zeit im Sinne von Intensität, Lebendigkeit und Wohlbefinden.
Keine „eigene“ Zeit
Das Dilemma liegt in unserem Denken:
Wir glauben Zeit ist Geld.
Wenn wir Zeit mit Geld verrechnen, haben wir einen permanenten Anreiz, Tätigkeiten schneller zu machen, um Zeit zu „sparen“. Dafür dienen uns moderne Technologien und Zeitmanagement-Methoden, die unsere Effizienz und Produktivität steigern. Wir schaffen die Dinge schneller.
Doch wir nutzen den gewonnenen Freiraum nicht, um Innezuhalten, Pause zu machen und Zeitwohlstand zu kultivieren. Stattdessen füllen wir den Freiraum mit zusätzlichen Tätigkeiten. Dadurch steigern wir den „Wert“ der Zeit, indem wir mehr Dinge in der gleichen Zeit erledigen. Doch die freie Zeit fehlt. Wir empfinden Zeitnot. Der Bedarf an Techniken, um Zeit zu „sparen“, wächst. Die Zeit verdichtet sich immer weiter.
Problematisch ist, dass wir Pausen, Wartezeiten und Müßiggang als unproduktive Zeitverschwendung empfinden.
Die Regeneration fehlt.
Der psychische Druck wächst.
Mußezeiten verschwinden.
Lebensbereiche, die keinen produktiven Output generieren, leiden.
Das beeinträchtigt unser Glücksempfinden.
„.. und dann muss man ja auch noch Zeit haben,
einfach dazusitzen und vor sich hin zu schauen.“
(Astrid Lindgren)
Je schneller wir uns drehen, desto schneller dreht das Hamsterrad. Das macht die Zeit enger und ist die eigentliche Zeitverschwendung. Wir nehmen uns nicht die Zeit, das Leben in der Tiefe zu erfahren.
Heutzutage müssen wir uns Zeitinseln bewusst schaffen, dem geschäftigen Rennen im Außen zum Trotz und entgegen des gesellschaftlichen Paradigma: „Höher-Schnell-Weiter“.
Dafür braucht es ein Umdenken:
Zeit ist nicht Geld.
Zeit ist Leben.
„Jeden Euro, den wir ausgeben,
können wir wieder verdienen.
Jeder Moment, der verstreicht
ist dagegen für immer vorbei.“
managerSeminare / Wider dem Zeitirrsinn
Zeit ist EINMALIG.
Selbstbestimmte Zeit
Ein weiterer Aspekt von Zeitwohlstand ist das selbstbestimmte Einteilen der Zeit.
Wäre die Uhrzeit die einzig wahre Zeit und der Mensch eine Maschine, dann wäre das unnötig.
Allerdings hat jedes System in der Natur eigene Zeitzyklen und Zeitmuster.
Auch wir Menschen haben individuelle Biorhythmen, ein natürliches Tempo.
Es ist wesentlich unsere Aktivitäten mehr im Einklang mit unserem Biorhythmus zu gestalten. Doch vielen Menschen fehlt das Bewusstsein für die körperlichen Signale. Wir unterwerfen uns dem Zeitdiktat der Uhr. Für mehr Zeitwohlstand dürfen wir uns von der mechanistischen Zeitlogik lösen und wieder mehr auf unser individuelles System vertrauen.
Es gibt Zeiten da sind wir konzentrierter, leistungsfähiger und kreativer.
Dazwischen braucht es Pausen, um zu regenerieren.
Diese können wir nicht aufschieben.
Dann sind wir im Feierabend völlig platt oder können uns auch am Wochenende nicht zu den schönen Dingen des Lebens aufraffen.
Uns fehlt die Energie.
Dadurch verliert die „eigene“ Zeit an Qualität.
Subjektive Qualität der Zeit
In unserer Kultur bewegen wir uns vor allem in der linearen Dimension von Zeit. Linear ist Zeit messbar: in Sekunden, Minuten, Stunden … In dieser Dimension betrachten wir Zeit als etwas, dass wir konsumieren, einsparen, ausnutzen und verwerten können im Sinne von Zeit ist Geld.
Allerdings hat bereits Albert Einstein erkannt: Zeit ist relativ.
„Zeit ist eine Illusion.
Aber eine der hartnäckigsten.“
(Albert Einstein)
Es gibt eine zweite Dimension von Zeit, der wir viel zu wenig Beachtung schenken. In dieser vertikalen Dimension von Zeit verändert sich unser Zeiterleben, die Zeit dehnt sich aus. Doch dieses Zeiterleben können wir nur erfahren, wenn wir im Moment präsent sind.
Zeitwohlstand entsteht nicht durch Beschleunigung. Paradox, doch aus meiner Erfahrung wahr: Es braucht Entschleunigung, Langsamkeit und Muße. Nur so wird ein bewusstes Erleben der Zeit und des Lebens möglich: In Verbindung mit uns selbst und im Einklang mit der Zeit, Da-sein. Wahrzunehmen, wozu uns das Leben im Moment einlädt und was es in diesem Moment wirklich braucht.
„Liebe braucht Muße.
Der heutige Mensch hat keine Zeit zum lieben.“
(Unbekannt)
Regenerative Zeit
Warum mich das Thema Zeitwohlstand so packt, ist die globale Dimension.
Die Schnelligkeit unseres (Arbeits-)Alltags strapaziert nicht nur unsere eigenen Ressourcen, sondern auch die unserer Erde. Wir verbrauchen mehr Ressourcen als die natürlichen Systeme im gleichen Zeitraum regenerieren können. Dabei hat die Natur eine immense Regenerationskapazität. Was es braucht, um unsere Lebensgrundlage zu schützen, ist ein neues Verständnis von Wohlstand. Zeitwohlstand ist ein wesentlicher Aspekt von Echtem Wohlstand und ein entscheidender Mindset Shift für ein bewusstes und nachhaltiges Leben.
Ich wünsche dir, dass du mehr Zeitwohlstand in deinem Alltag kultivieren kannst,
Katja
P.S. Wenn du das Thema vertiefen möchtest, empfehle ich dir folgende Filme und Bücher:
Echter Wohlstand. „Vivian Dittmar skizziert die Grundpfeiler eines Lebens, das in einer völlig neuen Weise reich ist: reich an Zeit, erfüllenden Beziehungen, Kreativität, Verbundenheit mit den Mysterien des Lebens und der unbändigen Schönheit der Natur.“ (Quelle: buch7.de)
Das Buch und der Film Momo. Der Roman wurde vor 48 Jahren veröffentlicht. Dennoch bleibt die Geschichte aktuell, heute mehr denn je zuvor.
Speed ist ein Dokumentarfilm auf der Suche nach der verlorenen Zeit. „In unserer hoch technologisierten Welt gibt es immer neue Innovationen, die uns im Alltag noch mehr Zeit ersparen wollen. Nichtsdestotrotz ist Zeit das, was uns am meisten fehlt. Wie kann das sein? Filmemacher Florian Opitz begibt sich auf die Suche nach der verlorenen Zeit und befragt Experten aus Wissenschaft, Psychologie und Wirtschaft. Dabei begegnen ihm auch Persönlichkeiten, die sich bewusst und mutig dafür entschieden haben, aus dem beengenden Hamsterrad unserer Gesellschaft auszusteigen und die ihre eigenen Wege zu einem entschleunigten Dasein gefunden haben.“ (Quelle: kino.de)
Das Jahr, das die Erde veränderte. Naturdokumentation von David Attenborough. Die Aufnahmen von fünf Kontinenten zeigen, wie sich bereits zwölf Monate des Lockdowns und die damit verbundene Beschränkung des menschlichen Aktionsradius auf unser Ökosystem auswirken.
Dein Mutmacher für den Wochenstart:
– immer montags in deiner Inbox.
Melde dich an und erhalte kurze, liebevoll anschubsende und wegbegleitende Email-Impulse von mir, mit denen du direkt loslegen und dein (Arbeits-)Leben – Schritt für Schritt – nach deinen Vorstellungen gestalten kannst.
… für mehr Freude und Sinn im (Job-)Alltag.
Los geht’s …