Die australische Altenpflegerin Bronnie Ware hat ein ergreifendes Buch geschrieben: „Fünf Dinge, die Sterbende am meisten bereuen.“
Eines der häufigsten Dinge, die Menschen auf dem Sterbebett bedauern ist:
„Ich wünschte, ich hätte den Mut gehabt,
mir selbst treu zu bleiben, statt so zu leben,
wie andere es von mir erwarten.“
Dieses Gefühl der Reue stellt sich bei vielen nicht erst auf dem Sterbebett ein. Aus meiner Erfahrung im BerufungsCoaching fließen selbst bei jüngeren Menschen die Tränchen, wenn sie erkennen, dass sie einen bestimmten Weg eingeschlagen haben, um den Erwartungen anderer gerecht zu werden. Dass sie sich angepasst und – entgegen ihrer Persönlichkeit und inneren Impulse – verbogen haben aus Sehnsucht nach Zugehörigkeit sowie Anerkennung und Wertschätzung. Diese Bedürfnisse blieben jedoch meist unerfüllt. Und auch diejenigen selbst betrachten ihren bisherigen Lebensweg oft wenig wertschätzend.
Sich selbst treu bleiben
Tatsächlich ist es nicht leicht, sich selbst treu zu bleiben. Sich von der Orientierung im Außen, den Erwartungen anderer, den vermeintlichen „RICHTIGs“ und „FALSCHs“, gesellschaftlichen Konventionen und so weiter – im gesunden Maße – zu lösen. Die Balance zwischen ICH und WIR zu finden. Zwischen dem Wunsch nach Individualität und Selbstverwirklichung auf der einen, und dem Bedürfnis nach Gemeinschaft und Zugehörigkeit auf der anderen Seite.
Dabei bereuen wir im Nachhinein weniger die Dinge, die wir getan, sondern vielmehr das, was wir unversucht gelassen haben – aufgrund unserer Glaubenssätze und Ängste, die uns im „Schaukelstuhl auf der Veranda“ verweilen lassen.
„Der Verstand kann uns sagen, was wir unterlassen sollen,
aber das Herz kann uns sagen, was wir tun müssen.“
(Joseph Joubert)
Dabei wird unsere innere Stimme nicht verstummen und sich immer wieder – mal leiser, mal lauter – Gehör verschaffen. Angefangen bei einem Gefühl der Unzufriedenheit über eine leichte depressive Verstimmung bis hin zu körperlichen oder gesundheitlichen Beschwerden nach dem Motto: Wer nicht hören will, muss fühlen.
Im letzten Montags-Impuls habe ich eine einfache Übung mit dir geteilt, die dir hilft, deine inneren Impulse wahrzunehmen. Und wie versprochen, möchte ich dazu ein konkretes Beispiel einer Kundin mit dir teilen, die diese Übung für eine komplexe Entscheidung angewendet hat.
Habe den Mut, Chancen zu nutzen
Nicole (35) ist alleinerziehend mit einer 8-jährigen Tochter. Sie arbeitet bereits seit 14 Jahren als Sozialpädagogin – zunächst im Bildungsbereich und danach im Bereich der Straffälligenhilfe. Zur Arbeit fährt sie über 140 km, so dass sie täglich 2 Stunden (bei guten Witterungsverhältnissen) unterwegs ist.
Im Oktober 2015 kam Nicole zu mir für ein BerufungsCoaching.
Es wurde deutlich, dass Nicole bereits eine Richtung hatte, von der sie seit Jahren träumte: Sie möchte Grundschullehrerin werden. Allerdings konnte sie sich nicht vorstellen, wie sie das zeitlich und finanziell mit ihren herausfordernden Alltag vereinbaren könnte.
Daher haben wir neben diesem Weg, weitere Optionen entwickelt, welche Schritte sie in die gewünschte Richtung gehen kann und die im Wesenskern ihrer Motivation entsprechen: vom Onlinekurs „Schule transformieren“ über die Ausbildung zum „Schule sorglos-Coach“ oder Kinder- und Jugendcoach …
Nicole informierte sich über die verschiedenen Möglichkeiten und führte Gespräche mit den Ausbildungsleiter:innen. Doch irgendwie wollte keine dieser Alternativen so richtig „funken“. Also hat sich Nicole auf einen Studienplatz (Zweitstudent) für das Lehramt Grundschule beworben (raus aus dem Schaukelstuhl) und … die Zusage dafür erhalten.
Und damit war sie konfrontiert mit dem Entscheidungs-Dilemma. In ihrer Email schrieb sie mir:
„Nun wäge ich gerade ab, ob ich tatsächlich den Mut habe, mein bisheriges Leben „aufzugeben“, um meinen Traum zu verwirklichen… Oh man, ich kann kaum noch schlafen, in den nächsten beiden Wochen muss ich eine Entscheidung treffen…“
Daraufhin habe ich ihr den letzten Montags-Impuls (Vertraue deinen inneren Impulsen – eine Entscheidungshilfe) zum Probelesen geschickt.
Hier ihre Rückmeldung noch am selben Tag:
„Zunächst möchte ich Dir für den Montags-Impuls, von dem ich gefesselt bin, danken. Das was da steht, spricht mir aus der Seele… gleich habe ich natürlich den Münzwurf angewandt, mit dem Ergebnis, dass ich für das Studium plädiere…. wenn da nicht die vage finanzielle Situation wäre :(. Vielleicht ist das das fehlende Puzzleteil?“
Und 2 Tage später:
„Ich habe die Entscheidung gestern getroffen – es hat sich so stimmig angefühlt – ich beginne das Studium zunächst auf Teilzeit (Erstsemester) und dann sehen wir weiter.“
Vor kurzem hatte Nicole einen Bandscheibenvorfall, so dass sie jetzt zusätzlich zweimal pro Woche zum Rückentraining muss.
Die folgenden Zeilen von Nicole, die sie mir gestern schrieb‘, nachdem sie den heutigen Montags-Impuls gelesen hatte, möchte ich mit ihrem Einverständnis ebenfalls 1:1 mit dir teilen:
„Selbstverständlich hatte ich den vergangenen Tagen auch oft Zweifel und manchmal auch Angst, ob ich das Alles bewältigen kann (jeder Mensch hat nur 24 Stunden zur Verfügung), doch aktuell geht es ganz strikt darum, nur noch Prioritäten in den Vordergrund zu stellen – so habe ich z.B. aufschiebbare Termine bereits jetzt in den Zeitraum der Semesterferien verschoben.
Ob es der richtige Wege für mich sein wird, werde ich erst erkennen, wenn ich einen ersten Schritt gewagt habe und sich ein anderer Blickwinkel „im Unbekannten“ auftut.
Ein Studium mit 35, welches ich nun zusätzlich neben meiner Arbeit (im Rahmen von Teilzeit) bewältige, ist auch noch mal eine zusätzliche Belastungen. Ich denke, unter genau diesen Extrembedingungen wird sich herausstellen, ob mir dieser Traum noch so wichtig ist, alle neuen Herausforderungen auf mich zu nehmen … und selbst wenn das Studium aus irgendwelchen Gründen nicht klappt, kann ich hinterher sagen, ich habe es versucht… .“
„Hoffnung ist nicht die Überzeugung, dass etwas gut ausgeht,
sondern die Gewissheit, dass etwas Sinn hat,
egal wie es ausgeht.“
(Vaclav Havel)
Ich wünsche dir eine Woche ohne Reue,
Katja