Im Grunde habe ich ein ganz gutes Rhythmus- und Taktgefühl.
Ich liebe es zu tanzen, kann Musik spüren, mich vom Takt tragen lassen – manchmal bin ich, wenn überhaupt, einen Hauch zu früh dran. Nie dramatisch daneben, aber eben doch… ein bisschen schneller als nötig.
Vielleicht war das auch sinnbildlich für meinen früheren Weg im Leben und im Beruf. Ich war lange Zeit zu schnell unterwegs. Getrieben. Eng mit To Dos, Aktivitäten und Terminen getaktet. Immer ein paar Schritte voraus – vor allem mir selbst. Voll gepackt, doch wenig erfüllt.
Ich war zu schnell, um meine wahren Bedürfnisse wirklich WAHRzunehmen.
Zu schnell, um zu merken, dass die Karriereleiter, die ich so eifrig erklomm, an einer Wand lehnte, wo ich eigentlich nicht sein wollte.
Zu schnell, um mit echter Freude und Muße zu arbeiten – statt nur abzuhaken.
Zu schnell, um lebendig zu sein – statt nur zu funktionieren.
Zu schnell, um den Menschen, die mir am Herzen liegen, wirklich gerecht zu werden.
Zu schnell, um (schwierigen) Gefühlen Raum und dem Erleben Tiefe zu geben.
Und definitiv zu schnell, um die Fülle des Lebens, im Moment, wahrzunehmen.
Natürliches Taktgefühl
„Die Natur hat keine Eile
und doch ist alles vollbracht.“
Lao Tzu
Ich denke in den letzten Tagen oft an die Geschichte über die grüne Meeresschildkröte.
Dieses Wesen, das in tiefer Ruhe, ganz in sich ruhend, durch die Welt gleitet. In einem Tempo, das sich nicht nach äußeren Erwartungen richtet, sondern aus einem inneren Rhythmus schöpft.
Die Schildkröte kennt keine Eile, keinen Kalender voller Meetings. Sie lebt in einem natürlichen Takt, der alles andere als ineffizient ist – sondern genau stimmig für das, was sie braucht, um lebendig zu bleiben.
Am Puls der Erde
Vor kurzem bin ich auf ein bewegendes Reel gestoßen, das den „Herzschlag der Erde“ sichtbar macht: Space for Earth.
Satellitendaten zeigen die Photosynthese-Aktivität der Pflanzen über den Jahresverlauf – als leuchtendes Pulsieren über die Kontinente. Das Ein- und Ausatmen der Natur. Der Rhythmus von Wachstum, Ruhe, Erneuerung.
Dieser „Herzschlag“ hat mich tief berührt. Mich wieder daran erinnert, dass Leben Zeit braucht. Dass alles seinen eigenen Zyklus hat. Dass wir als Menschen ein Teil dieses natürlichen Takts sind – auch wenn der „normalisierte“ Alltag uns oft ein anderes Tempo abverlangt.
Vielleicht ist das ein Teil unserer Bewusstseinsentwicklung im Laufe des Lebens – zu erkennen, dass schnell nicht gleich richtig ist. Und dass Lebenskunst auch bedeutet, das eigene Tempo immer wieder neu zu stimmen, wie ein Instrument.
Denn Taktgefühl im Leben ist mehr als nur gutes Timing – es ist ein Lauschen. Ein Wahrnehmen. Der Mut, aus dem Hamsterrad auszusteigen und wieder ein Gespür dafür zu entwickeln, was jetzt gerade wirklich wirklich dran und wesentlich ist.
Sommerferien
Heute ist Montag – und in Sachsen beginnen die Sommerferien. Vielleicht ein guter Moment, um innezuhalten. Nicht, um „abzuschalten“, sondern um deinem eigenen Rhythmus zu lauschen. Einem Rhythmus, der uns atmen lässt und der uns trägt. Der uns erlaubt, nicht nur von außen zu funktionieren, sondern den Herausforderungen unserer Zeit wach und spürend zu begegnen.
Der Sommer lädt uns ein, Tempo herauszunehmen. Die Fülle des Lebens zu genießen. Wärme zu tanken. Eindrücke zu sammeln, die nachwirken – wie Vorräte für spätere Zeiten.
Vielleicht spürst du deinen eigenen Takt schon – ganz sanft, wie den Herzschlag unter der Hand. Und wenn nicht: Jetzt könnte eine gute Zeit sein, ihm Raum zu geben.
Ich wünsche dir ein stimmiges Taktgefühl mit dem Leben,
Katja
P.S. Ich durfte in den letzten Tagen sehr nah am Puls des Lebens sein – eingebremst durch ein trauriges Ereignis: wir haben uns von unserer Hündin Paula verabschiedet. Für ein paar Tage schien die Zeit stillzustehen und sich auszudehnen. Das Leben fühlte sich intensiver an mit allen Gefühlen, für die wir uns Raum genommen haben. Und mit den Menschen, die zu uns und Paula in diesen Raum gekommen sind. Doch in all der Traurigkeit konnte ich so auch einen wunderschönen Abschied, einen tiefen Frieden und eine starke Verbundenheit erfahren.
Danke Paula, deine Seele wird nun an einem anderen Ort gebraucht.
P.S.S. Die Montags-Impulse sind in den letzten Monaten etwas aus dem Takt geraten. Die Sommerzeit war sonst eine Pausenzeit fürs Schreiben. Doch mir fehlen die Montags-Impulse, das Innehalten. Das Wahrnehmen, welche Themen sich im Moment bewegen. Der Raum zum Reflektieren und tieferen Erforschen. Der kreative Flow. Daher möchte ich in der kommenden Zeit bewusst nah am Puls des Lebens bleiben, um zu sehen, was aus diesem Takt wieder ins Fließen kommen und entstehen will.