Unterwegs in Portugal. Experimente und Wiedersehensfreude

Montags-Impulse #356 Unterwegs in Portugal

Seit zwei Wochen sind wir zurück aus unseren Herbstferien in Portugal.

Ich sitze mit einem Kaffee am Küchentisch und schwelge in Erinnerungen.
Tatsächlich genieße ich es, das Urlaubsfeeling durch das Schreiben und Teilen unserer Eindrücke noch ein wenig auszudehnen und zu vertiefen.

Hier kannst Du den ersten Teil unserer Reiseerfahrungen nachlesen:

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Montags-Impulse #355 Roadtrip nach PortugalHier kannst du den Montags-Impuls entspannt nachlesen:
Roadtrip nach Portugal. Porto, Gemeinschaft und Surfen

Montags-Impuls #355 nachlesen

In der zweiten Ferienwoche erwarten uns in Portugal ein Wohnexperiment, ein Abenteuer und Wiedersehensfreude.

Experimente

Wenn Du die Montags-Impulse schon länger liest, dann hast Du wahrscheinlich mitbekommen, dass ich eine begeisterte Fürsprecherin von Experimenten und Prototypen bin. Diese Experimentierfreude bestätigt mir auch mein 3/5 Profil im Human Design.

Ich liebe es im Kleinen auszuprobieren, wovon ich im Großen träume beziehungsweise was ich anders gestalten will. Nicht selten löst das einen Ripple Effect aus und die Dinge kommen in die Umsetzung. Gleichzeitig ist das Investment an Zeit, Geld, Energie und Risiko überschaubar, so dass Fehltritte oder veränderte Umstände leichter tragbar sind, wenn ich mich in meinem Eifer mal verrenne oder das Leben andere Wege geht.

Probewohnen im Tiny House

Mein Mann Patrick und ich teilen den Traum und die Faszination Tiny House. Seit ein paar Jahren testen wir hier und da das Tiny House Wohnen in verschiedenen Kontexten.

In Portugal trafen wir Uwe von TinyHouse-World, besichtigten die Produktionshalle und wohnten in einem Tinyhouse zur Probe.

Uwe Bosshammer hat sich vor gut 12 Jahren aus dem “normalen” Leben in Deutschland verabschiedet und stieg aus einer Wohnung in einen VW-Bus um. Fasziniert vom Freiheitsgefühl, das sich aus diesem Schritt ergab, gründete er seine Firma Hanggtime über die er VW Bullis vermietete, um auch andere Menschen an diesem Lebensgefühl teilhaben zu lassen.

Mit der Zeit wurde der VW-Bus zu klein für die 4-köpfige Familie. Als Uwe das erste Mal ein Tiny House auf Rädern sah, war klar: Das ist die einzige Option mit vier Wänden, die dem Lebensgefühl in einem Bulli in der Flexibilität und Freiheit nahe kommt. Das war der Startpunkt seiner Firma TinyHouse-World.

Dort begegnen sich unsere Wege. Zwei Stunden tauschten wir uns über Portugal, die Vielfalt der Lebensrealitäten, Tiny Häuser, VW Bullis, das Unternehmerdasein, das Bildungssystem, Persönlichkeitsentwicklung und alles mögliche aus.

Dann ziehen wir ins Tiny House.
Michelle überlässt uns ihre liebevoll eingerichteten vier Wände für eine Nacht.

Das Tiny House ist sehr geräumig, auch dank der großen Fensterfront und hellen Einrichtung. Mika krabbelt direkt in seine Höhle im „ersten OG“ und verkündet: „Das hier ist mein Königreich!“. Paddy und ich machen es uns im „Wohnzimmer“ gemütlich und lassen den Raum auf uns wirken. Was gefällt uns? Was würden wir anders gestalten? Das lässt sich für mich beim praktischen Erleben viel leichter wahrnehmen als in der bloßen Vorstellung. Das Tiny House ist wirklich gut durchdacht. Ich verliebe mich in die Sitzecke am Panoramafenster.

TinyHouse-World Tiny House Tiny House Tiny House Tiny House Tiny House

Wir kochen uns ein leckeres veganes One Pot Gericht. Zum Essen am Bartisch fehlt uns ein dritter Platz. Also arrangieren wir uns um den Sofatisch. Beim Abwasch diskutieren wir, ob es im Tiny House eine Spülmaschine braucht oder nicht (2:1).

Den Abend lassen wir auf der Terrasse ausklingen. Dann krabbeln wir in unsere kuscheligen Kojen. In dieser Nacht bin ich dankbar, dass wir den VW Camper gegen ein festes Dach über dem Kopf getauscht haben: Es stürmt mächtig. Sind das die Ausläufer von Hurrikan Milton?

Am nächsten Morgen trinken wir noch einen Kaffee mit Uwe.
Wir haben das Gefühl unserem Traum einen Schritt näher zu kommen.
Doch vorerst ziehen wir weiter.

Óbidos

Auf dem Rückweg zum Surf Camp besuchen wir das “schönste Dorf Portugals”: Óbidos.

Schön ist wie so oft auch gut besucht. Wir flüchten auf die Stadtmauer, die relativ leer erscheint. Als wir oben sind, wissen wir, warum. Die Höhe und das fehlende Geländer sind nichts für schwache Nerven.

Wir beruhigen unsere Nerven und den grummelnden Magen im Avocado Café. Ich schätze Cafés und Restaurants, ja jegliche Orte für Begegnung, die von ihren Inhaber:innen mit Herz und Seele gestaltet und geführt sind.

Abenteuer Waldjurte

Nach sechs Nächten nehmen wir Abschied vom Da Silva Surf Camp und fahren weiter nach Colares/Sintra. Dort erwartet uns ein kleines Abenteuer. Wir übernachten das erste Mal in einer Jurte mitten im Wald. Ursprünglich wollten wir auch hier im Tiny House übernachten, doch das war bereits belegt.

Schon die Fahrt durch die engen Gassen von Colares, mit reichlich Gegenverkehr inklusive Linienbussen, ist abenteuerlich. Das wussten wir von unserem letzten Aufenthalt. Doch damals waren wir mit einem gemieteten Fiat 500 unterwegs. Schweissgebadet (oder doch nur durchnässt vom Regen) kommen wir an. Das Auto wollen wir vorerst nicht mehr vom Fleck bewegen.

Auf dem Parkplatz wandert unser Blick nach oben. Unsere Waldjurte steht hoch oben, auf Stelzen. „Wie sollen wir da hoch kommen?“, fragt Mika ungläubig. Eine Treppe schlängelt sich unscheinbar den Hang hinauf. Staunend öffnen wir die Tür und treten hinein. Farbenfroh und kuschelig empfängt uns die Jurte. Hier wollen wir nicht mehr weg. Können wir auch nicht, denn Uber verweigert uns die Abholung.

Waldjurte Colares 

Also durchforsten wir unsere Restbestände und machen es uns mit Knäckebrot, Käse und Nüssen in der Waldjurte gemütlich. Unsere Gastgeberin Mirry hat uns mit einer Flasche Douro-Rotwein empfangen, die den Abend abrundet.

Mirry Stolzenberg ist Künstlerin und Druckgrafikerin aus London. Sie lebt mit ihrem Partner und den zwei Kindern in den Bergen von Sintra. In ihr Atelier Citrina, einem Gemeinschaftsatelier in Portugal, lädt sie Künstler:innen zu Workshops und kreativen Aufenthalten in ein regeneratives Umfeld ein, das sowohl ökologisch nachhaltig als auch künstlerisch förderlich ist.

Auch ohne künstlerischen Auftrag genießen wir diese inspirierende Umgebung.

Am nächsten Morgen kocht Paddy uns in der liebevoll upgecycelten Außenküche einen Kaffee. Ich genieße sprichwörtlich das Waldbaden beim Duschen unter freiem Himmel inmitten der üppigen Fauna. Die Sonnenstrahlen tanzen durch das Blätterdach und kitzeln mein Gesicht. Eine sanfte Windbrise prickelt auf meiner Haut. Melodisches Vogelgezwitscher untermalt dieses Erlebnis. Ein belebender Genuss für alle Sinne. Mir wird klar, was uns drinnen in unseren gewohnten vier Wänden und Duschkabinen alles entgeht. Wir leben meist auf Sparflamme für das Potenzial unserer Sinne und ja, auch der damit verbundenen Sinnesfreude und Lebensfülle.

Waldjurte Colares Waldjurte Colares Waldjurte Colares Colares Sintra

Mit dem Kaffee kuscheln wir uns wieder ins Bett.
Heute wartet kein Pick up zum Surfen am Morgen auf uns.
Wir können die Ruhe zelebrieren und uns in den Tag treiben lassen.
Mika sortiert seine unzähligen Pokemonkarten.
Jede:r meditiert auf eigene Art und Weise.

Wiedersehensfreude

Am Nachmittag kommt die Sonne raus.
Dafür und für einen Ausflug nach Estoril verlassen wir unser „Nest“.
Dort haben wir über den Winter 2022/2023 ein halbes Jahr gelebt, auch eines unserer Experimente.

Ob Pedro vom Blumenladen oder Mikas Lieblingskellner Peter im Restaurant Pinto’s, in unserer ehemaligen “Hood” werden wir herzlich mit offenen Armen begrüßt.

Wir besuchen Mikas (Vor-)Schule und seine Dinogruppe. Die Kinder stürmen jubelnd auf Mika zu. Die Freude ist groß. „Wann kommst Du zurück?“ Vorerst nicht. Den Platz als Gastschüler im zweiten Halbjahr der 2. Klasse haben wir nicht bekommen. Nachdem sich die Ereignisse im letzten Jahr überschlagen haben, ist das auch gut so. Momentan ist das nicht dran.

Dennoch fühlt sich Estoril wie ein Stück Zuhause an. Wir nehmen Mikas besten Portugal-Freund Aaron mit und laufen zum Strand. In der Zeit fährt Paddy seine ehemaligen Kollegen im Office in Lissabon besuchen. Am Abend treffen wir Freunde bei Pinto’s zum Pizzaessen.

Leider ist unser wunderschönes Häuschen in Estoril nicht mehr mietbar. Es wurde nach einem Schicksalsschlag in der Familie verkauft und die neuen Besitzer leben selbst darin. Ein weiteres Zeichen, dass Estoril vorerst nicht auf unserem Lebensweg liegt.

Unseren letzten Tag verbringen wir in Lissabon. Den Abschluss der gelungenen zwei Wochen in Portugal zelebrieren wir auf Empfehlung in einem großartigen syrischen Restaurant, Damasqino im Almada. Dabei stärken wir uns für unsere Rückfahrt nach hause.

Autofahrt versus Flug nach Portugal

Abschließend nun die Frage, lohnt sich die Autofahrt nach Portugal? Die wesentlichen Faktoren sind Zeit, Kosten und die CO2 Emissionen.

Zeitlich ist der Flug mit drei Stunden von Berlin oder Prag nach Lissabon attraktiver. Mit An- und Abreise zum/vom Flughafen sowie Wartezeiten am Flughafen haben wir jeweils einen Reisetag hin und zurück eingeplant und gebraucht.

Mit dem Auto waren wir auf der Hinfahrt für die 2.800 km reichlich zwei Tage unterwegs, inklusive Besuch bei Freunden. Auf der Rückfahrt sind wir in die Nacht gestartet, haben uns öfter abgewechselt und nur kurze Pausen gemacht. Mika hat 21 Stunden geschlafen, so dass wir nach anderthalb Tagen am Morgen zurück zuhause waren.

In Bezug auf die Kosten nehmen sich Flug und Autofahrt nahezu nichts, außer man erwischt einen guten Flug-Deal. Das ist in den Schulferien eher aussichtslos. Mit Tanken, Maut und Rast lagen wir nahezu bei den 1.500 EUR Flugkosten unserer letzten Herbstferien. Der Unterschied ist, dass wir im Camper übernachten können. Das ist günstiger als eine Ferienwohnung oder ein Hostel. Zudem braucht es beim Flug zusätzlich einen Mietwagen, um vor Ort mobil zu sein.

Ein weiterer Faktor sind die CO2-Emissionen. Bei einem Dieselfahrzeug und einer Strecke von 5600 km für zwei Wochen Portugal kann man grundsätzlich nicht von nachhaltigem Reisen sprechen. Über myclimate berechne ich unsere Emissionen und bin zusätzlich ernüchtert. Tatsächlich ist die CO2-Menge für die Autofahrt und den Flug mit 2,2t versus 2,5t vergleichbar.

Eines unserer nächsten Experimente wird dann wohl die Fahrt mit dem Zug nach Portugal.

Wo ist eigentlich Paula?

Diese Frage tauchte immer wieder auf. Paula ist unser viertes Familienmitglied, eine fast 12 Jahre alte Appenzeller Sennenhündin, im Spätherbst ihres Lebens. Sie durfte in guter Gesellschaft von meiner Schwester und Freunden unser Haus in Radebeul hüten. Ein großes Dankeschön an Franzi, Chris und Basti. Wir haben das Gefühl, das war für alle Beteiligten ein Win – Win – Win.

Wie oft entgeht uns diese Gelegenheit, wenn wir versuchen alles allein zu schaffen?

Meine Montagsfrage(n) für Dich: Welchen Traum oder welches Vorhaben könntest Du in kleinerer Version in einem Experiment ausprobieren? Wie und wann willst Du das tun? Wer könnte Dich dabei unterstützen?

Ich wünsche Dir viel Freude beim Experimentieren und Erfahren, was dadurch möglich wird,
Katja

 

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