Korsika. Erste Eindrücke von unserer Familienzeit auf der Insel

Montags-Impuls Korsika

Bienvenue à Bastia.
Korsika.
Unsere Fähre fährt in den Hafen ein.
Wir stehen an der Reling und beobachten das Manövrieren.
Ich fühle eine wohlige Wärme im Bauch.

Da sind wir.
Endlich.
Mit 16 Monaten und 3 Stunden Verspätung.
Bereits im April 2020 wollten wir diese Insel entdecken. Viel Gutes haben wir von Korsika gehört, was unsere Sehnsucht geweckt hat.
Mich erfüllt ein Gefühl von:
Hier bin ich richtig.

Saint Florent

Von Bastia steuern wir direkt den Campingplatz d‘Olzo in der Nähe von Saint Florent an der Nord-Westküste an. Von der Fähre aus hat Paddy uns angemeldet, da wir nicht sicher waren, ob wir es rechtzeitig bis 20 Uhr schaffen. Die Inhaber warten zum Glück auf uns.

Wir finden einen schönen Platz unter den Bäumen. Zwischen den Blättern strahlt die untergehende Sonne durch. Mika springt aus dem Auto und trifft direkt auf Filippo, einen 11-jährigen Italiener mit Fußball. Volltreffer. Wir können entspannt den Camper und ein spätes Abendessen vorbereiten.

Auf dem einfachen, naturnahen Campingplatz gibt es einen ausgesprochen schönen Pool. Da dieser erst um 9 Uhr öffnet, drehen wir unsere Morgenroutine um. Mika begleitet mich mit dem Fahrrad auf der Paularunde. Auf dem Rückweg holen wir ein Baguette im Minimarkt. Nach einem ausgedehnten Frühstück sind wir im Pool am Vormittag meist allein.

Für Bastia nehmen wir uns am nächsten Tag nochmal Zeit. Ich bin kein großer Fan von Städten im Urlaub, doch diese Hafenstadt strahlt Ruhe aus. Wir lassen uns gemütlich durch die Gassen treiben, besichtigen eine Kirche und stärken uns bei einem Picknick im Park.

Als wir uns auf den Rückweg machen wollen, ist der Haupttunnel gesperrt. Der Verkehr steht in der ganzen Stadt still. Keiner von uns hat Lust in der prallen Sonne im Stau zu stehen, also drehen wir eine weitere Runde und genießen in einer Patisserie französische Teilchen. Mika staunt über einen Film, der zeigt, wie diese Kunstwerke zubereitet werden. Vielleicht ein Gen seines Urgroßvaters, der war Konditor.

Zurück am Campingplatz knüpfen wir schnell neue Kontakte. Genau das liebe ich an den kleineren, familiär geführten Campingplätzen. Filippos Papa lebt in Rom, genauso wie Max und Giorgia, die wir am Abend auf einen Wein zu uns einladen. Giorgia ist Krankenschwester und hat Corona hautnah miterlebt. Demütig lauschen wir ihren Erzählungen und sind beeindruckt, was sie geleistet hat, täglich an der Belastungsgrenze und darüber hinaus wie die vielen Menschen in systemrelevanten Berufen.

Am Vormittag lassen wir es meist langsam angehen. Spielen, Baden und Lesen. Ab und an hält Mika ein Mittagsschläfchen. Dann können wir den Nachmittag viel aktiver gestalten.

Wir laufen von unseren Campingplatz rein nach Saint Florent zur Citadelle. An einem zentralen Platz verweilen wir und schauen einer illustren Gruppe älterer Herren beim Boules zu. Auf dem Rückweg entdecken Mika und ich, dass wir bergab zu zweit auf seinem Kinder-Fahrrad radeln können. Jauchzend machen wir Meter und zaubern ein paar Augenzeugen ein Lächeln aufs Gesicht. In Deutschland hätten wir vermutlich nur Kopfschütteln geerntet.

Algajola und Bodri Beach

Nach drei Nächten zieht es uns weiter nach Algajola. Paddy möchte Windsurfen. Leider klappt das wettertechnisch nicht. Der Wind ist zu heftig. Die Wellen sind zu hoch. Da trauen sich nur die Surflehrer:innen und Profis aufs Meer trauen. Selbst vom Strand aus ist das abenteuerlich zu beobachten.

Unser neues Base Camp, der Campingplatz Bodri, ist schön angelegt, terrassenförmig mit viel grün und Schatten. Dennoch für unseren Geschmack zu groß und unpersönlich. Hier reist man besser mit einer Gruppe Freunden hin.

Dafür werden wir am Strand von Bodri mit wunderschönen Sonnenuntergängen belohnt. Am Morgen genießen wir wieder mal die Ruhe vor den Ansturm. Einen Tag klinke ich mich für eine Weile aus dem Familienverbund und wandere an der Küste entlang nach Ile Rousse.

Diese Mini-Rauszeiten habe ich für mich entdeckt, wenn die Spannung im Familiensystem steigt. Rein in die Natur, über Stock und Stein, am besten nochmal Füße ins kalte Wasser oder barfuß laufen. Selbst nach einer 15-minütigen Runde kehre ich besänftigt mit einem Lächeln auf den Lippen zurück.

Asco Tal

Vom Strand zieht es uns ins Asco Tal, in die Berge im Landesinneren. Mehrfach wurde uns der Campingplatz Tizarella empfohlen. Vom ersten Moment an sind wir verliebt in diesen Ort. Mir wurde mal eine hohe Ortssensitivität zugeschrieben und tatsächlich spüre ich die Energie von Orten deutlich. Paddy stöhnt manchmal, wenn ich ein Restaurant verlasse, obwohl wir uns gerade hingesetzt haben.

Der Campingplatz Tizarella liegt am Flussbett des Asco, das sich breit und markant mit Steinen zum Klettern ausdehnt. Wir finden ein wunderschönes Plätzchen unter einem alten Olivenbaum, an dem wir unsere Lichterkette aufhängen. Ein Ast trägt unsere Hängematte.

Die Rezeption befindet sich in einem Retro-Wohnanhänger. Die Sanitäranlagen sind farbenfroh und modern mit Geschmack gestaltet. Das wirkt einladender als die quadratisch, praktischen Standardmodelle.

Vor dem Haus der Familie am WIFI Hotspot versammeln sich die Teenager um sich mit ihren Freunden zuhause zu connecten. Ich sitze an einem Vormittag daneben und mache meine Buchhaltung für August. Ein Vorsatz für Zuhause ist, diese weniger beliebten Aufgaben öfter draußen in der Natur zu machen. Das hat eine beruhigende Wirkung.

Unsere Nachbarn spielen Boules. Mika findet Gefallen und so steigen auch wir in diesen Volkssport ein. Ganz nebenbei bekommen wir Empfehlungen für Südfrankreich, wohin wir von Korsika aus weiter reisen wollen.

Wir fahren weiter rein ins Asco Tal und hoch in eine beeindruckende Bergkulisse. Dort stellen wir das Auto ab und klettern hinab zum Fluss. Abenteuerlich. Nicht zuletzt das kalte Flusswasser in den Badegumpen belebt uns. Wir klettern unermüdlich über die Steine. Mika und Paula schwimmen miteinander. Ich bin gerührt, wie die beiden mehr und mehr zusammen wachsen.

Flusswandern wird unsere Lieblingsbeschäftigung. Dabei geht es uns nicht mehr darum weit voran zu kommen. Kinder agieren zyklisch, nicht linear. Vor und zurück. Hier innehalten. Dort nochmal hinauf klettern. Meine Ziele im Kopf lasse ich los. Ist doch egal, ob wir bis zur Brücke kommen. Hier ist es genauso schön. So führt uns eine Flusswanderung gerade einmal um den Campingplatz herum. Ohne „na los, weiter, komm‘ schon“ und dafür mit dem Blick für die kleinen Frösche, Eidechsen und Kaulquappen im Flussbett.

Mika fällt nach dieser Tour um halb 5 ins Bett und wacht unseren Befürchtungen zum Trotz nicht vor um 7 Uhr morgens auf. Diese Reise ist ein riesiges Abenteuer für Klein, Groß und unsere Fellnase. All die neuen Eindrücke wollen auch verdaut werden.

Paddy und ich können in Ruhe Abendessen und genießen unsere neuste Weinentdeckung: Terra Vecchia Rosé 2020, ausgezeichnet!

Corte

Nach fünf Nächten setzen wir unsere Reise fort, nur 30 Minuten weiter in die „heimliche Hauptstadt“ der Korsen: Corte. Wir starten früh und frühstücken in der langsam aufwachenden Studentenstadt. Mika ist am Vormittag noch nicht so motiviert zu Fuß. Also springen wir in eine Sightseeing Tram, eine der Sachen, die ich lange Jahre im großen Bogen umgangen habe. Der einfahrende Zug ist voll besetzt. Eine betagte Reisegruppe steigt aus. Dann sind wir fast allein, Paula ist mit an Bord. Die Fahrt geht los. Neben dem Charme und Sehenswürdigkeiten von Corte bewundere ich vor allem die Fahrkünste des Zugführers durch die engen und zugeparkten Gässchen. Mika ist im Glück. Und ich bin es ehrlich gesagt auch.

Wir finden einen ganz hübschen Stadtcampingplatz (Chez Bartho). Nach einem Schläfchen zieht es uns wieder in die Innenstadt. Schon der Weg dorthin ist toll. Vom Campingplatz führt eine Steintreppe einen Felsen steil hinauf zu einem Aussichtspunkt. Ob wir von dort aus tatsächlich nach Corte rein kommen oder umdrehen müssen!? Der Weg erweist sich nicht als Sackgasse und so laufen wir weiter zu einem schönen Platz. Paddy beweist ein sehr geschicktes Händchen bei der Restaurantwahl: Le Bonaparte. Die Inhaber:in sind unglaublich freundlich, auch wenn wir uns nur auf Französisch verständigen können. Wir aktivieren meine neun Jahre Französisch-Unterricht und DeepL. Paddy wählt ein korsisches Nationalgericht: Eintopf vom (hoffentlich zeitlebens glücklichen) Wildschwein, Mika das Champignon-Omelette und ich bin positiv überrascht vom veganen Salat. Wir genießen eine Flasche lokalen Rotwein. Zum Abschluss gibt es Flan de Châtaigne (Kastanie) für Mika und mich und einen Espresso für Paddy. Nicht zuletzt stimmt das Preis-Leistungsverhältnis: 75 Euro inklusive großzügigem Trinkgeld.

Genuss und Harmonie

Überhaupt erweisen sich Korsika und das Campen mit Blick auf meine Ernährungsvorlieben als kompatibel. Auf dem Campingkocher probieren wir neue Gerichte aus: Pasta mit Avocado-Creme à la Bowl – Das Kochspiel, Couscous-Gemüsetopf, Bulgurpfanne, Zucchini-Champignon-Risotto. Mika schneidet das Gemüse und isst womöglich aufgrund seines Beitrags alles mit.

Für mehr Harmonie im Miteinander haben wir auf ein bewährtes Modell aus dem Lockdown zurück gegriffen: Ich übernehme die Frühschicht, Paddy die Spätschicht. Natürlich sind wir den Großteil der Zeit gemeinsam unterwegs. Doch diese Aufteilung trägt dazu bei, dass wir nicht beide die ganze Zeit um Mika rumspringen. Zudem ist Paddy kein Morgenmensch und kann sich so ohne schlechtes Gewissen geistig und öfter auch körperlich ausklinken. Meine Kapazitäten zum geduldigen Verhandeln und Spielen sind meist am frühen Nachmittag erschöpft, so dass ich mich dann zurückziehen und auftanken kann. Abends bleibt so auch noch Energie für Gespräche, wenn Mika schläft.

What’s next?

Zwei Wochen sind wir auf Korsika unterwegs und momentan hält es uns noch auf der Insel. Daher folgt in zwei Wochen sicher Teil II unserer Korsika Reiseeindrücke.

Mich erfüllen bereits so viele schöne Erinnerungsmomente und Bilder.
Einige davon teile ich auf meinem Instagram Kanal @montagsimpulse.

Mein Mantra auf Korsika

Einfachheit schenkt Freiheit.

Unsere aktuelle Lektüre

Der kleine Prinz und das Buch Fräulein Draußen von Kathrin Heckmann. Wie ich unterwegs das Große in den kleinen Dingen fand.

Ich wünsche mir, dass wir alle den Wert der kleinen Dinge und vor allem unserer Beziehungen wieder schätzen lernen,
Katja

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