Jedem Anfang liegt ein Zauber inne
oder
aller Anfang ist schwer?
Irgendwie passt beides zu unserer ersten gemeinsamen Familienzeit-Woche on Tour.
Auf nach Italien
Aus dem Wipptal flüchten wir schneller als geplant. Die Beschaulichkeit ist einem Dorffest gewichen. Zudem zieht ein Unwetter auf.
Im nahe gelegenen Südtirol machen wir einen Zwischenstopp auf dem Natur-Campingplatz Lärchenwiese. Wir stehen auf dem letzten verfügbaren Stellplatz in der Pole Position zum Spielplatz. Für uns ok für eine Nacht und enorm praktisch. Mika findet schnell eine Freundin zum Spielen. Wir können in Ruhe den Camper zum Schlafen umbauen.
Als der Regen uns erreicht, ziehen wir um ins Trockene, das Restaurant zum Pizzaessen.
Das Glück liegt am Gardasee
Am nächsten Morgen fahren wir weiter Richtung Livorno und stehen nach 10 Minuten im Stau. Klar, der 15. August ist Feiertag in Italien, Ferragosto, und ganz Italien ist am Montag darauf auf der Straße. Bis in die Toskana schaffen wir es in dem Tempo nicht.
Wir nutzen den Stau für einen Familienrat: Im Oktober 2020 hatten wir eine wunderschöne Urlaubswoche mit Freunden in Malcesine am Gardasee verbracht und das weltbeste Eis gegessen. Mika hat sich gewünscht, dass wir an seinem Geburtstag in Italien Mango-Eis essen. Der Stau zieht sich hin … wir beschließen kurzerhand an den Gardasee abzubiegen und einen vertrauten Ort anzusteuern.
Mitten in der Ferienzeit? Ohne Reservierung?
Unterwegs erhalte ich auf meine Camping-Platz Anfragen eine Absage nach der nächsten.
Kurz vor Malcesine entdecken wir ein Schild “Navene Camping 20m”. Bremsen!!! … Mist, Einfahrt verpasst. Wir sind genervt und wollen schon weiterfahren. Doch dann dreht Paddy nochmal um. Zum Glück: es gibt einen letzten Stellplatz auf dem kleinen Campingplatz. Für Wohnmobile ist dieser Platz ungeeignet, zu eng sind die Auffahrten zu den terrassenförmig angelegten Stellplätzen zwischen den Olivenbäumen. Umso besser für uns.
In den engen Kurven kommen auch wir ganz schön ins Schwitzen. Allrad war selten so hilfreich wie hier. Ganz oben auf der vierten Ebene am Hang liegt unser Platz. Der Aufwand lohnt sich. Hier sind wir fast allein. Ein einziger Bulli steht einige Meter weiter neben uns, ein entspanntes älteres Paar. Wir haben einen fantastischen Ausblick auf den Gardasee, der sich direkt vor uns in die Berge ausdehnt. Traumhaft. Selbst für unsere Hängematte finden wir noch zwei geeignete Olivenbäume.
Hier fahren wir vorerst nicht mehr weg.
Wir richten uns zum Bleiben ein.
Bei Bedarf fährt ein Linienbus direkt vor dem Tor in 10 Minuten ins Zentrum von Malcesine.
Unten am See gibt es einen Spiel- und Fußballplatz. 400m weiter eine Surfschule. Damit sind meine Lieblingsmänner befriedigt. Ich muss erstmal den Szenenwechsel nach der rundum sorglosen Retreatwoche verdauen und bevorzuge die Beobachterposition.
Aller Anfang ist schwer
Der Gardasee lädt zum Baden ein. Doch Paula ist nicht damit einverstanden, dass wir drei uns ins kühle Nass stürzen. Sie bellt als ginge es um Leben und Tod. Nur wenn wir aus dem Wasser kommen, beruhigt sie sich. Um die anderen Badegäste nicht länger zu belästigen, ziehen wir weiter und erinnern uns an unser Mantra: Jedes Wesen in unserer Familie ist eine Bereicherung für diese gemeinsame Zeit!
Dieses Mantra begleitet uns durch die Woche. Wir drei Zweibeiner sind zwar grundsätzlich harmoniefreudig, doch auf engem Raum ecken wir schonmal ordentlich aneinander.
Die ersten Tage sind wir ständig auf der Suche nach irgendetwas: Wo haben wir die Zeckenzange hingepackt? Wo sind Mikas CDs? (Ja, CDs. Es gab einen Disc Man von Oma zum Geburtstag). Haben wir Batterien dabei? Wo ist das Sicherheitsnetz für Mikas Schlafplatz im Camper oben? Vergessen … trotz Packliste.
Unser Standard-Espresso-Kocher rutscht durch das Gitter des Koffer-Gaskochers. Wer designt denn so was? Alle, die morgens als erstes Kaffee brauchen, können nachfühlen was das am Morgen bedeutet … für Kaffeetrinker:innen und alle Menschen drumherum. Wir nehmen das Gitter kurzerhand runter. Funktioniert! Die Stimmung ist gerettet.
Unser neuer Rhythmus
Nach ein paar Tagen finden wir unseren Rhythmus als Familie und dehnen unseren Radius etwas weiter aus.
Am Morgen gehen wir nach dem Aufwachen als Erste zum Baden an den See. Wir genießen die Ruhe. Paula bleibt entspannt im Schatten am Camper.
Wenn sich der Badestrand langsam füllt, ziehen wir uns zu einem ausgedehnten Frühstück zurück.
Mika freundet sich mit den großen Kids auf den Fußballplatz an und wir können zu zweit mit Paula eine Runde drehen. An einem Tag tippe ich diesen Montags-Impuls am Spielfeldrand und jubele wenn ich ein Tor mitbekomme. Soviel zu den Mamas, die auf dem Spielplatz auf ihr Handy starren ;).
Paddy übt Windsurfen und wir beobachten gespannt das bunte Treiben auf dem See. Selbst Paula schlummert dabei entspannt.
Nachdem wir uns die ersten Tage von Pizza und Nudeln ernährt haben, kommt langsam auch die Freude am Kochen zurück, inspiriert von dem Kochbuch One Pot vegan/vegetarisch: Beluga Linsen-Salat, Kartoffel-Spinat-Omelette und Rote Linsen-Kokos-Dhal mit Grünkern. Gesundes Essen wirkt bei mir enorm stimmungsaufhellend.
Die Handgriffe im Camper werden treffsicherer und laufen flüssiger. Wobei ich mich beim Packen für die Abreise zurückziehe, denn da prallen zwei Geisteshaltungen aufeinander: pragmatisch zügig auf gewissenhaft meditativ.
Bevor wir weiterfahren, haben wir noch einen Anlass zum Feiern.
Mika wird 5 Jahre alt
Die Besitzerin vom Campingplatz schenkt uns zu unserer Brötchen einen Schoko-Muffin bevor sie erfährt, dass Mika Geburtstag hat. Danach gibt es noch ein Ständchen auf italienisch. Kinderfreundliche Menschen rühren mich oft zu Tränen.
Wir erfüllen Mika seinen Geburtstagswunsch, fahren mit dem Boot in die Touri-Hochburg Limone und essen Mangoeis bei der besten Gelateria in Malcesine.
Sogar ein Feuerwerk bekommt Mika an diesem Tag noch spendiert. Da schläft er schon. Wir feiern unser Elternsein und trinken unseren Lieblingswein: Amerone della Valpolicella.
Lektüre der Woche
Das Flow-Magazin und Slow family von Julia Dibbern und Nicole Schmidt (Werbung). Weit bin ich mit diesem Buch noch nicht gekommen. Im Sinne des Titels versuche ich auch das Gelesene, langsam in unseren Reisealltag als Familie einfließen zu lassen.
Spruch der Woche
„Auf einer guten Basis können wir uns freier entfalten.“
(Yoga-Philosophie)
Diese Woche diente unserer Basis: Uns im Camper einrichten, uns mit den unterschiedlichen Bedürfnissen in der Familienzeit auseinandersetzen, unseren eigenen Rhythmus fern des Arbeitsalltags finden.
Die Seele reist immer zeitverzögert.
Ich bin dankbar, dass wir uns viel Zeit nehmen können.
So langsam kommen wir an und ruckeln uns ein in unserer Familienzeit.
Am Samstag fahren wir weiter und bleiben zwei Nächte vor den Toren von Pisa bevor wir mit der Fähre unser einziges geplantes Reiseziel ansteuern: Korsika.
Ich wünsche uns mehr Wertschätzung für die Langsamkeit im Familienalltag,
Katja
P.S. Mehr Bilder von unserer Woche am Gardasee teile ich bei Instagram.