Clearing the air. Wie du Dinge, die dich stören, konstruktiv ansprichst

Montags-Impuls_ Clearing the air

Wir reden zu wenig wesentlich miteinander, sei es in unseren privaten Beziehungen oder beruflich im Team. Dadurch nehmen wir unseren Beziehungen das Potenzial sich zu vertiefen und weiter zu entwickeln.

Besonders in herausfordernden Zeiten neigen wir dazu, zu funktionieren, den Alltag zu organisieren und innere Spannungen zu unterdrücken. Diese sammeln sich unterschwellig im Raum zwischen den Menschen an – bis es einen Funken gibt und die Spannung explodiert. Wie jede Explosion hinterlassen auch zwischenmenschliche Ausbrüche bleibende Spuren in der Beziehung.

„Viele Probleme verschwinden,
wenn Menschen miteinander statt übereinander reden.“
(Isaak Öztürk)

Clearing the air

Was der Beziehung dient, sind regelmäßige Gespräche, um Dinge, die uns im Moment beschäftigen oder stören, anzusprechen und die „Luft zu reinigen“.

Diese Gespräche können an festen Terminen, z.B. wöchentlich, oder bei Bedarf auch ad hoc stattfinden. Im zweiten Fall liegt es an der Person, die eine innere Spannung wahrnimmt und klären möchte, die andere(n), betreffende(n) Person(en) zu einem Clearing the Air-Gespräch einzuladen. Die Teilnahme an diesem Gespräch ist freiwillig.

Wesentlich für die Qualität des Gesprächs ist ein geschützter Raum. Das bedeutet, dass das Gespräch ohne Störungen von außen, z.B. das Smartphone oder andere Ablenkungen stattfindet. Daher ist ein ruhiger Ort besser geeignet als ein Café. Auch wenn das Gespräch von Angesicht zu Angesicht empfohlen wird, kann es genauso telefonisch oder virtuell stattfinden, wenn es nicht anders möglich ist, um Spannungen zeitnah anzusprechen. Besonders gute Erfahrungen habe ich damit gemacht, diese Gespräche beim Spazieren gehen in der Natur zu führen – natürlich nicht überfallartig, sondern von vornherein klar, worum es geht.

Die Dauer des Gesprächs sollte festgelegt sein und eingehalten werden. Das heißt pünktlich beginnen und pünktlich enden. Es braucht mindestens 30 Minuten Zeit füreinander. Länger als 1,5 Stunden sollte das Gespräch jedoch nicht dauern. Entscheidend um wirkungsvoll Spannungen zu lösen, ist die Gesprächsqualität.

Die Struktur

Für das Clearing the Air empfiehlt sich eine klare Struktur, die aus meiner persönlichen Erfahrung wichtig ist, genauso einzuhalten.

Zunächst spricht eine Person (mindestens 5 Minuten, in privaten Beziehungen gern 15 Minuten), danach die andere(n). Dieser Wechsel erfolgt in 3 Runden. Falls eine Person schneller als in der vorgegebenen Zeit fertig ist, wird gemeinsam geschwiegen und nachgespürt. Genau dieses Schweigen fördert nicht selten noch tiefer liegende, für beide Seiten erhellende Aspekte zutage.

Wenn im Team mehrere Personen beim Clearing the Air-Termin anwesend sind, dann können diejenigen, die nicht direkt am Konflikt beteiligt sind, den Raum schweigend halten, sich innerlich reflektieren und selbst etwas für sich lernen. Dabei gilt Vertraulichkeit. Alles, was in diesem Raum geteilt wird, bleibt in diesem Raum.

Die Art und Weise der Kommunikation

Neben der zeitlichen Struktur, ist die Art und Weise der Kommunikation entscheidend für die Wirkung des Gesprächs.

Wesentlich ist der Fokus. Das bedeutet, dass stets nur eine Person (von sich) spricht. Dabei wird die Person nicht unterbrochen und das Gesagte nicht kommentiert, weder mit Worten noch mit Mimik oder Gestik wie Kopfschütteln. Nicht gleich auf die Aussagen des Gegenübers zu reagieren, ist die größte Herausforderung UND das entscheidende Element dieser Gesprächsführung.

Dabei können wir hervorragend unsere Fähigkeit des Zuhörens kultivieren, die es aus meiner Sicht noch mehr als das Reden braucht. Dazu habe ich bereits einen Montags-Impuls geschrieben, den ich dir nochmals ans Herz legen möchte: Reden ist Silber, Zuhören ist Gold.

Nach dem Wechsel bezieht sich die zunächst zuhörende Person nicht auf das Gesagte, spricht also nicht über das, was sie gehört hat, sondern sie spricht von sich und zeigt sich wahrhaftig mit dem, was sie in der Situation wahrgenommen hat und was das Gesagte in ihr ausgelöst. Ein gutes Indiz dafür ist, ob wir in der Ich-Form sprechen, dann sind wir bei uns und genau dort sollten wir bleiben.

Die Welt und Perspektive des anderen, ist das, was wir neugierig entdecken wollen, anstatt sie mit unseren Bewertungen oder Ratschlägen einzunehmen. Auch Fragen sind in diesem Format ausdrücklich nicht vorgesehen. Stichwort: „Wer fragt, der führt.“ Genau das ist nicht gewollt, wenn wir uns auf Augenhöhe begegnen wollen.

Grundlage für die Clearing the Air Gespräche ist die Gewaltfreie Kommunikation. Auch dazu findest du einen Montags-Impuls im Blog-Archiv: Miteinander reden. Bist du Wolf oder Giraffe?

Für den Rahmen, die Struktur und die Art und Weise der Kommunikation tragen beide bzw. alle Anwesenden Verantwortung.

Für die eigenen Gefühle ist jede Person selbst verantwortlich.

Die Wirkung

Mit diesen Gesprächen öffnen wir einen Raum, in dem wir mehr über die andere(n) Person(en) erfahren und uns selbst ebenso tiefer reflektieren und erfahren. Auf diese Art und Weise können wir mehr Verständnis füreinander entwickeln. Spannungen können gelöst und Konflikte entschärft werden, bevor sie explodieren.

Clearing the Air fördert – privat sowie beruflich – die eigene Persönlichkeitsentwicklung, unsere psychische und seelische Gesundheit, das Vertrauen und die Verbindung im Miteinander und es weckt unsere Kreativität für individuell passende Lösungswege.

Es gilt das Prinzip: „Regelmäßig lüften!“ und Fortschritt ist besser als Perfektion.

Ich wünsche dir den Mut, Spannungen anzusprechen und damit zu einem besseren Miteinander beizutragen,
Katja

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