Es ist kompliziert … oder doch komplex?

Montags-Impuls_ Kompliziert

Vergangene Woche war ich für eine Einführung in die Welt der Agilität beim „Agile Essentials“ Seminar in Düsseldorf.

In diesen 2 Tagen war neben vielen anderen Erkenntnissen vor allem ein Modell augenöffnend.

Das Cynefin-Modell

Vorab, Cynefin wird Kinefin ausgesprochen.

Der walisische Begriff „Cynefin“ bedeutet übersetzt soviel wie „Lebensraum“. Das Modell geht zurück auf Dave Snowden (nicht verwandt mit Edward), der damit veranschaulichen wollte, dass zwischen uns als Individuen und unserer Umwelt vielfältige Wechselwirkungen bestehen. Bezeichnend für die VUCA-Welt, in der wir momentan leben ist, dass sie unberechenbar, unsicher, komplex und häufig widersprüchlich bzw. mehrdeutig ist.

Das Cynefin-Modell liefert einen Ansatz, um Probleme, Situationen und Systeme zu beschreiben. Anhand der Einordnung bietet es Anhaltspunkte, wie wir situationsangemessen auf sinnvolle Art und Weise kommunizieren, Wissen aufbauen oder Entscheidungen treffen können, um Lösungen für das Problem zu entwickeln.

Kompliziert oder komplex?

Im Modell werden 5 Bereiche unterschieden (siehe Abbildung):

  • Chaotisch
  • Komplex
  • Kompliziert
  • Einfach

Dazwischen liegt der Bereich der Unordnung, der zutrifft, wenn wir maximal verwirrt sind und nicht wissen, wo wir uns gerade befinden.

Cynefin Framework

Die ersten 4 Bereiche sind wie eine Treppe aufgebaut, die Grenzen sind jedoch fließend:

Die oberste Stufe ist einfach: Hier gibt es eine klare Ursache-Wirkung-Beziehung. Es gibt wiederholbare Muster, die eindeutige Ergebnisse liefern. Damit gibt es auch eine richtige Antwort im Sinne von „Best Practice“. Das Ziel und der Weg sind klar. Es ist leicht zu beurteilen, was zu tun ist und demnach kontrollierbar.

Als simples Beispiel dient das Eierkochen: Für ein samtiges Eigelb muss mein Ei siebeneinhalb Minuten kochen. Es gibt ein paar Variablen wie die Eiergröße und auf wieviel Höhenmetern wir uns auf der Erde befinden. Doch ansonsten liefern siebeneinhalb Minuten kochen mit hoher Wahrscheinlichkeit mein gewünschtes Ei. Die Handlungsempfehlung auf dieser Ebene lautet: wahrnehmen – beurteilen – reagieren. Komplizierter wird es, wenn mehrere Menschen unterschiedliche Vorstellungen von einem guten Ei haben.

Auf der Stufe kompliziert besteht weiterhin eine klare Ursache-Wirkung-Beziehung. Das Ziel ist klar, doch es gibt unterschiedliche Lösungswege. Stichwort: „Viele Wege führen nach Rom“. Es gibt also mehr als eine richtige Antwort (= good practices). Das System ist vorhersehbar, allerdings ist das nicht für jeden erkennbar. Wenn es kompliziert wird, sind Experten gefragt, die sich durch mehr Wissen und Erfahrung auszeichnen. Die Handlungsempfehlung lautet: wahrnehmen – analysieren – reagieren. Ein Beispiel: Wenn mein Auto anzeigt, dass es zur Inspektion muss, dann überlasse ich das lieber dem Fachmann bzw. der Fachfrau.

Wann immer Menschen ins Spiel kommen, wird die Lage mit hoher Wahrscheinlichkeit komplex.

Komplex bedeutet, dass es keine klare Ursache-Wirkung-Beziehung gibt. Es gibt etliche Unbekannte, das System ist im Wandel und die Entwicklung ist nicht vorhersehbar. Die Ziele können sich verschieben und es gibt keine richtigen Antworten, sondern unterschiedliche Wege. Die Handlungsempfehlung lautet: probieren – wahrnehmen – reagieren. Komplexe Situationen erfordern, dass wir umsichtig experimentieren bzw. ausprobieren, um in der Reflexion neue praktische Erkenntnisse zu gewinnen (= emergent practices).

Die unterste Stufe ist chaotisch. Hier herrscht Turbulenz und ein hoher Zeitdruck. Es besteht keine Ursache-Wirkung-Beziehung. Das Ziel und der Weg sind nicht bekannt. Das Handeln erfordert Schnelligkeit, eine gute Intuition und viel Erfahrung. Die Handlungsempfehlung lautet: handeln – wahrnehmen – reagieren. Auf dieser Stufe sind wir, wenn beispielsweise unser Haus in Brand gerät.

Agil als Allheilmittel?

Agilität wird als ein Allheilmittel betrachtet, um mit den Herausforderungen der VUCA-Welt umzugehen. Momentan wird vielerorts „mit agilen Kanonen auf lineare Spatzen geschossen“. Das Cynefin-Modell macht deutlich, wann agile Methoden sinnvoll sind und wann nicht.

Wann immer ich in der letzten Woche vor einem Problem stand, sei es beruflich oder privat, habe ich mir die Frage gestellt: Ist es kompliziert oder doch eher komplex? Diese Einordnung hat mir geholfen, die nächsten Schritte auf dem Weg zur Lösung zu erkennen.

Ich wünsche dir viel Freude beim Anwenden des Cynefin-Modells,
Katja

 

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