Estoril ist unsere temporäre Wahlheimat in Portugal. Für sechs Monate (Oktober 2022 bis März 2023) leben wir in diesem, an Cascais angegliederten, Vorort von Lissabon.
Eventuell spielst Du mit dem Gedanken selbst mit Deiner Familie in den Ferien, für ein paar Monate oder sogar länger nach Portugal zu gehen!? Daher teile ich gern unsere Erfahrungen und Tipps als Familie für das Leben in Estoril / Cascais. Überspringe einfach die Teile, die für Dich nicht relevant sind.
Wenn es Euch für einen Städtetrip nach Lissabon zieht, findest Du in diesem Blogbeitrag unsere Highlights und praktischen Tipps:
Estoril
Estoril ist ein Badeort am Atlantik, ca. 25 km westlich von Lissabon. Früher war Estoril ein Seebad für die Adeligen und Angehörigen des Königshauses. Davon zeugen auch heute noch viele schöne Villen aus dieser Zeit, die das Stadtbild prägen.
„Estoril? Ja, das ist doch der Ort, wo …“
Bekannt ist Estoril bei einigen Menschen in unserem Umfeld für:
Das Casino Estoril. Es ist das älteste Casino in Portugal. Im dazugehörigen Palácio Hotel Estoril logierte der früher britische Geheimdienstoffizier Ian Fleming. Später kreierte er als Schriftsteller die Figur James Bond. Hier wurden 1969 Szenen für James Bond 007 – Im Geheimdienst ihrer Majestät gedreht.
Die Rennstrecke Circuito do Estoril, offiziell bekannt als Autódromo Fernanda Pires da Silva. Formel-1-Rennen (1984 – 1996) werden zwar nicht länger hier ausgetragen. Dafür finden zahlreiche Motorrad- und Autorennen auf der Rennstrecke statt. Zudem dient die Strecke aufgrund des milden Klimas im Winter als Teststrecke.
Millennium Estoril Open. Estoril ist einmal im Jahr Austragungsort für ein ATP Tennisturnier.
Estoril Praia. Der lokale Fussballclub spielt in der 1. Portugiesischen Liga. Natürlich waren wir zu einem Spiel im Stadion. Mika trainiert von Tag 3 unseres Aufenthalts an mit den Nachwuchs-Kickern. Definitiv eine andere Kragenweite als der TSV Reichenberg zuhause 😉
Verkehrsanbindung
Am einfachsten kommt man mit dem Zug von Lissabon nach Estoril bzw. von Estoril in die portugiesische Hauptstadt, direkt zum Bahnhof Cais do Sodré. Die 25-minütige Fahrt entlang der Küste ist schon allein eine Reise wert. Den traumhaften Blick auf das Meer und den meist sonnig-blauen Himmel genießt Paddy zweimal pro Woche, wenn er nach Lissabon ins Office pendelt.
Mit dem Auto ist man über die Küstenstraße N6 oder über die Autobahn A5 je nach Verkehrslage in 20-30 Minuten in Lissabon oder am internationalen Flughafen Humberto Delgado.
Deutsche Schule Estoril
Die Wahl für Estoril haben wir aufgrund der Deutschen Schule bzw. Kita hier vor Ort getroffen. Klar war: Wir wollen in Portugal nicht nur Urlaub machen, sondern auch arbeiten und Mika braucht Freunde zum Spielen.
Sechs Monate erschienen uns zu kurz, um Mika auf eine portugiesische Schule zu schicken. Unsere Entscheidung bestätigt haben die nicht erforderliche Eingewöhnung in der Dino-Vorschulgruppe, die herzliche Betreuung und kreative Programmgestaltung sowie die Internationalität der Kinder und Eltern.
Casa Nespereira
Eine passende Unterkunft in Estoril, fußläufig zur Kita, war schnell gefunden: Casa Nespereira.
Unsere Vermieter:in Katrine und ihr Mann kommen aus Norwegen und sind super hilfsbereit und freundlich. Auch im Mietpreis sind sie uns für den Langzeitaufenthalt über den Winter großzügig entgegen gekommen.
So wohnen wir in einem frisch renovierten portugiesischem Haus mit skandinavischer Gemütlichkeit, umgeben von einem weitläufigen Garten mit Obstbäumen.
Nespereira ist übrigens eine Frucht, die ich in Deutschland noch nicht entdeckt habe. Es handelt sich dabei um eine japanische Wollmispel. Die immergrünen Bäume haben unseren Garten während unseres Aufenthaltes ansehnlich geschmückt, während Mikas Kletter-Feigenbaum im „Winter“ alle Blätter abgeworfen hat.
Im Haupthaus (ca. 75 qm) befindet sich eine Wohnküche mit Essbereich und Sofaecke sowie das Badezimmer. Im Obergeschoss liegen unser Schlafzimmer und Mikas Kinderzimmer mit einem weiteren kleinen Bad. Unsere Arbeitsplätze haben wir im Schlafzimmer und am Esstisch eingerichtet. Bei wärmeren Temperaturen zieht es mich zum Arbeiten raus auf die Terrasse mit Blick ins Grüne.
Besonders beliebt ist unser kleines Ein-Zimmer-Gästehaus im Garten mit Doppelbett, Bad und Mini-Küche. Das hat dazu beigetragen, dass uns in Portugal mehr Leute besuchen als in Dresden. So können wir unsere Eindrücke hier vor Ort mit ganz vielen Freunden und unseren Familien als gemeinsame Erfahrung teilen. Auch für Mika ist es toll, regelmäßig Freunde und seine Cousinen zum Spielen zu Besuch zu haben und ein offenes Haus zu erfahren.
Ein weiterer Pluspunkt: von unserem „Zuhause in Portugal“ sind es nur sieben Gehminuten zum Hausstrand Praia da Poça und zur Strandpromenade nach Cascais.
Strandpromenade
Das Highlight in Estoril ist ein Spaziergang von Estoril nach Cascais mit einer Reihe schöner Strände, die zum Verweilen einladen.
Am Meer entlang geht Paddy regelmäßig am Morgen mit unserem Hund Paula und einigen unserer Gäste joggen. Wenn ich Mika morgens in die Kita bringe, gönne ich Paula und mir meist noch einen Abstecher ans Meer, ein paar tiefe Atemzüge und einen Moment des Innehaltens während Paula Hundebekanntschaften macht.
Nach Feierabend ist die Promenade mit den Stränden bei Sportler:innen, Spaziergänger:innen und Familien beliebt. Zum Baden für Kinder, die noch nicht schwimmen können, ist ein Steinbecken im Meer am Praia do Tamariz ideal.
Ein besonders schöner Tagesausklang ist der Sonnenuntergang mit Blick Richtung Cascais.
Am Wochenende ist die Strandpromenade ein attraktives Ausflugsziel, vor allem für die Hauptstädter. Allerdings herrscht dann auch im sonst beschaulichen Estoril Trubel – zur Freude der ansässigen Restaurants und Cafés.
Cascais
Estoril ist angegliedert an die Küstenstadt Cascais.
Der Ort hat ein schönes Flair, besonders abseits der Touristenströme. Ich habe es genossen durch die Gassen zu schlendern und die bunten Häuser anzuschauen.
Zum Einkehren lieben wir das House of Wonders mit frischer, kreativer vegetarischer Küche und veganen Optionen.
Ein regenerativer Ort zum Verweilen ist der weitläufige Parque Marechal Carmona. Gemeinsam mit Mika haben wir ausdauernd den Schildkröten im Teich zugeschaut, wie sie sich eine Rampe hinauf drängeln, übereinander klettern und immer wieder ins Wasser purzeln.
Die Kinder können auf den zwei Spielplätzen im Park klettern. Unter Tannenbäumen laden Tischen und Bänke zum Picknick oder einem Outdoor-(Kinder-)Geburtstag ein, wie ihn Portugiesen gern feiern.
Vom Parkausgang in Richtung Museum kommt man zum Leuchtturm Farol de Santa Marta. Der Leuchtturm dient weiterhin als Küstenwarnlicht und kann bestiegen werden. Nach 90 Stufen genießt Ihr einen traumhaften Rundum-Blick über Cascais und den Hafen.
Ein paar Gehminuten weiter erwartet Euch ein Naturschauspiel: das Boca do Inferno, übersetzt Höllenschlund. Durch einen riesigen Gesteinsbogen an der Steilküsten, stürmen die Wellen auf die Felswände. Das Wasser spritz meterhoch und oft ertönt ein stöhnendes Geräusch.
Ausklingen lässt sich der Tag am besten im Palaphita Cascais. Das Restaurant bezeichnet sich selbst als „Eco Lounge“ und serviert brasilianische und südamerikanische Küche. In den rustikalen Sitzecken im Freien lässt sich der Blick auf den Ozean und den Sonnenuntergang bei einem kühlen Getränk genießen.
Strände in der Umgebung: Guincho & Carcavelos
Mindestens einmal pro Woche zieht es uns an den traumhaften Strand von Guincho. Ob zum Spazieren mit Paula oder für ein Fussballspiel und Picknick mit Mika. Dieser Strand ist unser Lieblingsstrand – mit festen Boden unter den Füßen.
Von Cascais aus kann man prima mit dem Fahrrad an der Küste entlang nach Guincho fahren. Rund um Guincho gibt es sehr schöne Wanderwege.
Unser zweitliebster Strand in der Gegend ist Carcavelos – vor allem im Wasser. Nur Platz 2 weil hier viel los ist, besonders am Wochenende. Dafür ist der Strand ideal, um mit Kindern zu baden, Surfen zu lernen oder zum Body Boarden.
Das Equipment und ggf. Surfkurse bekommt man bei der Angels Surf School. Diese wurde gegründet von einem ehemaligen portugiesischen Surf-Champion, Marcos Anastácio.
Lieblingsrestaurants und Cafés in Estoril
Im Kochen liegt nicht unsere größte Leidenschaft. Gutes Essen in Wohlfühlatmosphäre genießen wir jedoch sehr. Zuhause in Radebeul kommen wir regelmäßig in den Genuss der „Gemeinschaftskantine“, in der mein Paps richtig lecker kocht. In Estoril haben wir für die Mittagspause und einen gelungenen Abend ein paar Lieblingsrestaurants entdeckt:
In der Tapearia sind wir regelmäßig zu zweit oder mit unseren Gästen essen. Die unglaublichen leckeren, liebevoll inszenierten mediterranen und portugiesischen Gerichte lassen uns immer wieder über den fragwürdigen Service hinweg schauen. Zudem können wir uns nie für EIN Dessert entscheiden, sondern bestellen mindestens zwei, wenn nicht gleich alle vier bis fünf.
Pinto’s ist ein einfaches italienisches Restaurant mit sehr guten Pizzen, Pasta und Fischgerichten. Die eigentliche Qualität ist die enorme Freundlichkeit gegenüber Kindern. Egal wie viel los ist und wie oft wir wieder gekommen sind, jedes Mal bekommt Mika eine extra Portion Aufmerksamkeit. So können wir einen entspannten Abend genießen.
Mikas zweiter Favorit ist Chakburger. Auch ich habe ihm dort regelmäßig Gesellschaft geleistet, denn es gibt einen mega leckeren veganen Burger. Und was selten in Portugal ist: Hunde sind erlaubt.
Das Escolhas de Verão ist ein kleines, unscheinbares Eck-Café, das nur von 11 bis 15 Uhr geöffnet ist. Doch der Avocado Smoothie, die Banana Pancakes oder auch die frisch zubereiteten, vielfältigen Bowls, Bagels und Salate möchte ich nicht missen.
Im Os Croissants gibt es (wie der Name erahnen lässt) die besten Croissants der Stadt in allen Varianten, von süss bis herzhaft. Mich hat es zum Schreiben der Montags-Impulse mit anschließender Mittagspause regelmäßig in dieses schöne Café in Monte Estoril gezogen.
Das Fauna & Flora ist mein Lieblingsrestaurant in Estoril, schon allein wegen der großen Auswahl an vegetarischen und veganen Gerichten. Dazu kommt der natürliche Charme der Einrichtung, minimalistisch mit viel Holz und Grünpflanzen. Hier komme ich ebenfalls zum Arbeiten hin, wenn mir die „Decke“ im Home Office auf den Kopf fällt und ich mich nach angenehmer Gesellschaft sehne. Auch regenerativ sinnvoll ist die Regel, dass Laptops bzw. Arbeiten während der Mittagszeit nicht erwünscht sind.
Co-Working in Estoril
In Estoril gibt es schöne Co-Working Spaces, z.B. das LOBO Estoril. Beide Spaces liegen fußläufig von uns entfernt. Leider waren die Plätze in dem Zeitraum nahezu ausgebucht. Zudem ist „silent work“ angesagt. Für Unterhaltungen dient der Küchenbereich, für Video Calls und Telefonate steht eine schalldichte Kabine sowie ein Meetingraum zur Verfügung, der separat gebucht werden muss.
Damit war das LOBO mit meinem Arbeitsmodus leider nicht kompatibel und ich bin auf Cafés ausgewichen. Umso mehr freue ich mich auf unser Konnektiv62 in Dresden, unsere morgendlichen Coffee-Talks mit Yvonne und die monatlichen Frühstücksrunden im erweiterten Kreis.
Entspannen
In Estoril habe ich angefangen regelmäßig zur Massage zu gehen. Mit der Clínica Feminina de Massagem und Maria Nogueira habe ich einen Raum hier vor Ort gefunden, wo ich aller drei bis vier Wochen tief entspannen und auftanken kann.
In dem Moment als Maria bei unserem ersten Termin die Tür geöffnet hat und wir uns in die Augen geschaut haben, wussten wir beide, dass wir uns regelmäßig wieder sehen werden. Nicht nur die Massage auch die Gespräche mit Maria, die vier Jahre in Brasilien und vier Jahre in Australien mit ihrer Familie gelebt hat, sind wohltuend.
Können wir Estoril empfehlen?
Für unseren sechsmonatigen Aufenthalt, insbesondere aufgrund der Deutschen Kita und Nähe zu Lissabon, ist Estoril eine sehr gute Wahl. Unser „Zuhause in Portugal“ mit Gästehaus und Garten war ein Glückstreffer. In Monte Estoril hätten wir uns eventuell noch etwas wohler in der Nachbarschaft gefühlt. Allerdings sind die Mieten dort utopisch teuer. Zudem wäre der Kindergarten nicht mehr fußläufig erreichbar gewesen.
Mir persönlich hat die Natur in Estoril gefehlt. Daher habe ich öfter das Auto genutzt, um für ausgedehnte Spaziergänge mit Paula naturbelassenere Strände oder auch den Nationalpark Sintra mit seinen mystischen Wäldern zu erreichen. Diese Umgebung bietet einen enorm hohen Freizeitwert zusätzlich zum Stand „vor der Haustür“.
Generell ist die zentrale Lage von Estoril in Portugal vorteilhaft. Innerhalb von drei Stunden sind wir sowohl in Porto als auch an der Algarve. Diese und weitere Ausflugsziele haben wir an den Wochenenden, Feiertagen und in den Schulferien (= Kitaferien !!!) erkundet.
Also, alles in allem: Daumen halb oben für Estoril – mit Vorschulkind remote Arbeiten und Portugal erkunden.
Ich wünsche Dir, dass Du an Deinem persönlichen Wohlfühlort zuhause bist,
Katja